Zuerst möchten wir uns für die Einladung von Mona Miluski bedanken und an dem kompletten Organisationsteam bedanken, die dieses fantastische Festival auf die Beine stellten. Ebenso bei der Technik, die sowohl einen hervorragenden Sound, als auch ein fantastisches Licht schufen.
Das Desertfest ist ein Festival für Nostalgiker. entweder machen junge Bands Retromusik oder es werden Bands aus der Epoche eingeladen, die uns Zuschauer auf Zeitreise in unsere Jugend nehmen. Ich spreche da für ein Großteil des Publikums, der zwischen 50 und 70 Jahre alt war. Eigentlich müsste das Festival Oasisfestival heißen, weil sich auf der von SOL und Greyzone geschaffenen Nostalgieoase diejenigen treffen, die sich gerne in der Zeit zurückversetzen lassen. Das Publikum trifft sich ebenfalls regelmäßig bei ähnlichen Festivals mit ähnlichen Bands, was eben auch zu dieser speziellen Atmosphäre von familiär, Vertrautheit und Neugierde beiträgt, weil auch wir immer wieder neue Bands und Menschen kennen und lieben lernen. Wir sind glücklich, dazuzugehören.
Die Bismuts schaffen es wie schon am letzjährigen Stoned from the Underground den an und für sich statischen Postrock Groove, Spannung und Dynamik einzuhauchen, ohne dass die sich auf der Bühne einen abbrechen. Das sieht alles so leicht, so organisch und ungezwungen aus und reist schon nach kurzer Zeit mit. In der intimen Atmosphäre des Columbiatheaters fand ich sie sogar noch besser als am Stoned, weil der geschlossene Raum im Gegensatz zu einem Open-Air nicht von der Musik und der Band ablenkt.
Meine Vorfreude auf die Band war mindestens genauso groß wie die Enttäuschung danach. Eigentlich sah man das schon an der Körpersprache der Band, die ziemlich lustlos und ohne Spannung die Bühne betrat und daraufhin scheinbar endlos das gleiche Riff spielte.
Dann fielen noch mitten im Konzert Bass, Drums, Gesang und Percussion aus. Okay, kann passieren. Ihren Landsleuten von Kvelertak fiel am Hellfest 2019 auch die komplette Schlagzeuganlage aus. Was normale Bands als Unterbrechung des Flows interpretieren, war für Kvelertak der Anlass, ihren wohl besten Auftritt ever auf die Bühne zu ballern. So mutierte das Konzert hier leider zum "The Defect and the Almighty Boredom".
Nach spätestens zwei Songs war dann auch das Konzept und der Grundaufbau der Songs klar; eine hohe gehauchte Stimme untermalt eine cleane Gitarre, dann läutet ein verzerrtes Riff als Bridge den Übergang zum groovenden, instrumentalen Headbanger-Part ein, der dann wieder zum cleanen, ruhigen Anfang zurückkehrt. Kann man als Dynamik interpretieren, was für ein komplettes Konzert dann doch zu durchaubar, für 2-3 überraschende Songs auf der privaten Spotify-Playlist durchaus toll ist.
Wir lieben Dozer, weil sie mit eine der ersten Bands waren, die uns um 2006 zum Stoner brachten. Mir erscheint allerdings so, dass die Band zumindest live ihre besten Tage hinter sich hat. Schade, dass sich weder Fredriks Stimme, noch die Bühnenpräsenz seit dem Desertfest 2023 oder dem Rock im Wald 2023 verbessert hat. Dass die Band mit Johann und Basse (Greenleaf) eine der tightesten Rhythmsections hat und eine stimmige Setlist aus 25 Jahren präsentiert, steht außer Frage. Das passte. Wenn man halt den Vergleich zu 2007, 2014 und 2015 hat, schmerzt es schon, dass eine unserer Lieblingsbands um ihr standig zu kämpfen hat.
Die Texaner RBBP boten 45 Minuten grrovenden und harten 90er Jahre Zeitkapsel-Wahnsinn mit einer 8-saitigen Gitarre, Dauer-Akkorden auf dem Bass und einem fantastischen Drumming. Die zweiminütigen Songs übertrieben die 90er Jahre komplett; es war, als ob sich Weezer mit Pantera und Primus zu einem gnadenlosen Jam trafen. Es gab Pop, Punk und Power, garniert mit einer Portion Selbstironie, so dass dieses Konzert schon zu einem der besten des diesjährigen Desertfests zu zählen war.
EyeHateGot haben wir öfter live gesehen, als wir Platten von ihr zu Hause haben. Wir sind immer wieder beeindruckt, mit welcher Wut und Energie der Bastard aus Southern Rock, Blues und Hardcore von dieser Band zelebriert wird. EyeHateGod sind nun schon seit 30 Jahren die Speerspitze des Sludges und sie hat nichts von ihrer Power eingebüßt. Im Gegenteil. Diese schon fast ansteckende Angepisstheit auf der Bühne brachte dann auch den letzten verschlafenen Wicht zum Ausrasten.
Belzebongs Mörder-Doom ist nicht so unser Ding. Ja, das ist alles brutal, langsam und quälend, nur eben auch sehr einfach, wiederholend und dadurch auch langweilig. Also machten wir Pause, fröhnten den Black-Death´n Roll von Bloodfang, gegen den Midnight wie Chorknaben wirken.
Dann bekamen wir die letzten 10 Minuten von Slomosa mit, bzw. das Gegerationen übergreifende Hüpfen, Mitsingen und Grinsen zur derzeit angesagtesten Teenieband, bei der dann doch Party gegenüber Revolte überwiegt.
Kat, Karoline und Marie machen ordentlich Krawall auf der Bühne, die kurz dann auch kurz vor dem Abriss stand. Irgendwie war es dem Publikum zu vorgerückter Stunde dann doch zu viel und die Fluktiation zwischen rein und raus war dann doch recht hoch, wohl auch, weil man ja noch zu den Hellacopters abrocken wollte.
Wie dann Rock´n Roll mit all seinen Facetten funktioniert, zeigten dann The Hellacopters, insbesondere Frontman Nicke und sein kongenialer Partner an der Gitarre L.G. Valeta, wie auch der Rest der Band; Posen, Spielfreude, genügend Selbstironie und eine Setlist, die ihre komplette Karriere umfasste. Das war nach dem eher enttäuschenden Auftritt am Hellfest 2018 nicht unbedingt zu erwarten. Meinen blauen Flecken am Rücken zu urteilen, war hinter der ersten Reihe die Hölle am überkochen. Ja, die Musik hatte weniger mit Desertrock zu tun als mit dem Soundtrack auf der Fahrt zum Desertfest. Die Band gehört nicht unbedingt zu unseren Favoriten, doch dieser Auftritt schafft es locker in unsere Top Ten ever.
Wir hätten vor lauter Entspanntheit unsere neue Lieblingsband "Turbo Moses" aus Bischofswerda, Sachsen verpasst. Und das wäre wirklich schade gewesen, denn diese Band hat die perfekte Dosis aus Sludge, Doom und Death gefunden. Dem ganzen Gebräu mischen sie noch einen Touch Pantera darunter und fertig ist eine perfekt geölte und alles niederwalzende Maschine mit einer richtig guten Frontsau Leon. So war es dann auch nicht verwunderlich, dass das Publikum schon kurz nach dem Frühstück um 15.30h auf Betriebstemperatur war. Ein tolles Konzert von einer perfekt eingespielten Band mit viel musikalischem Potential und eigenem Stil, die sowohl bei Metal- als auch bei Stoner-Festivals einen festen Platz verdient.
Sollten Jethro Tull in absehbarer Zeit abtreten haben wir auch schon einen ambitionierten Nachfolger gefunden. Der Bandname wird dann im englischsprachigen Raum eher das Problem werden als die progigen, rockigen und verspielten Songs. Mit Marius als charismatischen Sänger und Frontman, gepaart mit einer erstklassigen Band, scheint die musikalische Evolution nur noch eine Frage der Zeit. Live stimmt da wirklich eine Menge, vor allem timing und Spielfreude. Und beim nächsten Mal schreibt dann die Band ihre Titel auf Papier und legt das dann als Setlist auf die Bühne, dann müssen die Zuschauer auch nicht die Lieder quer durch die Bühne rufen.
Die Band aus Brookly weiß, wie man visuell beeindruckt, denn musikalisch wird Doom oder Melodic Doom geboten, den man sich bei Black Sabbath, The Obsessed oder Pentagram abgeschaut hat. Optisch scheint die Band aus Fantasy Comics der 70er und 80er Jahre wie Taar, Storm oder Warlord entsprungen zu sein, was zum Bandkonzept passt.
Das mexikanische Trio spielte im Zuge ihrer Europa Tour auch am Desertfest. Und ja, auch im Macholand Nr. 1 gibt es wütende Frauen, die ihrem Ärger auf musikalische Art und Weise Luft machen müssen. Nachvollziehbar. Auf jeden Fall fühlten sich die zahlreichen Frauen im Publikum sehr von der Band angesprochen.
Wir gingen nach 4 Songs von Margaritas Podridas und schauten uns die finnische Band "Skyjoggers" im Innenhof an. Das Trio schien eine Überdosis Speed abbekommen zu haben und jagten sich gegenseitig auf Überschall durch einen quasi instrumentalen PsychSpacerock. Wahnsinn. Die Band hatte schon im Vorfeld mit einigen Songs Einzug auf unsere Playlist gefunden und nach diesem Auftritt werden es sicherlich noch mehr werden.
Für zahlreiche Zuschauer DAS Konzert des Festival, weshalb dann auch das Theater propevoll und die Schlange davor sehr lang war. So gab es Zeit für eine Zigarette und für den bevorstehenden Auftritt von Lowrider.
Lowrider ist die Band innerhalb der Stoner-Szene, die man dadurch erkennt, dass sie nicht so aussieht wie die Stoner-Szene. Irgendwie scheint die Band entweder aus dem Büro zu kommen oder wie dieses Mal von einem Kindergeburtstag. Wobei sie die Kinder gleich auf der Bühne platzierten. Der Sound war perfekt, Peders Gesang trohnte mit viel Reverb über den tiefen Frequenzen, die Songs rollten. Eigentlich alles in Ordnung oder? Naja, wenn es einfach mehr Songs wie "And the Horse you rode in on" geben würde, einfach Songs mit etwas mehr Tempo, dann wäre die Band öfter auf unserer Playlist vertreten. Ansonsten war das ein beeindruckendes Miteinander von perfektem Licht und Sound. Wow!
Der hippelige Bluse Punk schien nach der Dröhnung von Lowrider ein willkommenes Kontrastprogramm zu sein, leider konnte die Band aus Kalifornien ihren offensichtlichen Vorbildern von The Gun Club nicht das Wasser reichen.