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Viel Rauch um Oz

Ein Nachruf für alle, die keinen Bock auf Nachrufe haben.

22.Juli 2025, Ozzy Osbourne ist tot. Ich hab’s erst für ein Meme gehalten. Die Welt weint, die Metal-Fans tragen Schwarz – also noch schwärzer als sonst. Ich? Ich war nie Ozzy-Fan. Auch kein Black-Sabbath-Jünger. Für mich war das immer mehr Soundbrei als Soundtrack. Viel Fuzz, wenig Drive und viel zu langsam. Kein Spaß, kein Rock´n Roll.

Und überall wird wieder tieftraurig der Metal-Messias betrauert, der angeblich „ein ganzes Genre erfunden“ hat, „Rebellion atmete“ und „die Finsternis regierte“. Ich will ja nicht stören, aber: Ich war dabei. Und ich war nicht beeindruckt.

Ich höre bewusst Musik seit 1974. Damals liefen Status Quo, The Rubettes und eine Prise Glam Rock auf meinem Plattenspieler und auf meinem Tonband. Und ja, ich stand dazu – Volumen auf rechts und Luftgitarre auf dem Federballschläger zu „Caroline“ oder „Down, Down“ statt zu „Iron Man“. Während andere im Keller Doom-Riffs zelebrierten, wackelte bei mir der Plattenspieler zu „Juke Box Jive“, „I can´t do it“, „Sugar Baby Love“ von den Rubettes oder „Teenage Rampage“ von The Sweet. Kein Satan, kein Blut, kein Geschrei – dafür dreistimmiger Falsettgesang, Geschwindigkeit und Hüftschwung.

Danach waren Judas Priest, Rainbow, Deep Purple und Scorpions der Soundtrack für meine frühe Pubertät; ich wollte wie Judas Priest angezogen sein, wie Dio singen, wie Deep Purple spielen können und wie die Scorpions englisch singen wollen. Also alles unerreichbar.

Und dann kam im November 1980 „Ace of Spades“ von Motörhead heraus. Lemmy, Eddie und Philthy Animal waren die Offenbarung. Keine Mystik, keine Show. Nur Krach, Haltung und Whiskey. Während Ozzy in Lederfransen auf der Bühne stand und mit Fledermäusen spielte, prügelten sich Motörhead mit Highspeed und wehenden langen Haare durch Punk, Rock´n Roll. Das war ehrlich. Das war meine Religion.

Natürlich begegnete man Ozzy irgendwann. Man brauchte nachts nur MTV einschalten oder Freitag abends in der Ludwigsburger Rockfabrik oder im Adler in Oberstetten zu sein. Da schimmerte er über die ersten Videoleinwände in den Metal Discos– mit rollenden Augen, wirrem Haar und diesem Blick, der „Hilfe, ich hab meine Tabletten vertauscht“ schrie. Für viele war er eine Legende. Für mich war er eine Memme, bevor es Memes gab.

Ozzy war mir immer zu viel Inszenierung, zu wenig Substanz. „Prince of Darkness“? Eher Hofnarr des Musikfernsehens. Ab Mitte der 2000er war er sowieso mehr Reality-TV-Figur als Rockstar. Sharon managte ihn durch die Kamera, während er sich fragte, ob er gerade in der Küche oder im Jenseits steht.

Versteht mich nicht falsch: Ich spreche ihm seine Bedeutung nicht ab. Ich erkenne an, dass Black Sabbath musikalische Grundsteine gelegt haben – dunkle, schwere, bleierne. Aber mein Herz schlug nie im Dreivierteltakt des Doom. Es pochte und pocht mit 180 bpm bei „Overkill“.

Ozzy ist tot. Die Welt trauert. Ich nicht. Ich mach mir einen Kaffee – schwarz wie Lemmys Humor – und dreh „Ace of Spades“ auf.



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